Das sind die 5 Verhaltensweisen von Eltern, die Beziehungsprobleme bei ihren Kindern verursachen, laut Psychologie

Warum manche von uns in Beziehungen immer wieder scheitern – und was das mit unseren Eltern zu tun hat

Du kennst diese Geschichten vielleicht: Deine beste Freundin verliebt sich immer in genau den Typ Mann, der sie am Ende enttäuscht. Dein Kumpel kann einfach keine Nähe zulassen und flüchtet, sobald es ernst wird. Oder du selbst merkst, dass du in jeder Beziehung dieselben Muster wiederholst – und dich jedes Mal fragst, warum zum Teufel das schon wieder passiert ist.

Die Antwort liegt oft viel weiter zurück, als wir zunächst denken würden. Nämlich in unserer Kindheit, in der Art und Weise, wie unsere Eltern mit uns umgegangen sind. Das klingt erst mal nach billiger Psycho-Ausrede à la „Meine Eltern sind schuld an allem“, aber halt durch: Die Wissenschaft zeigt ziemlich eindeutig, dass die psychologische Forschung hier richtig solide Belege liefert. Und das Beste daran? Wenn wir verstehen, was da eigentlich passiert ist, können wir die Muster durchbrechen.

Wie unsere Eltern in den ersten Lebensjahren mit uns umgegangen sind, prägt unser inneres Modell davon, was Beziehungen bedeuten. Sind andere Menschen zuverlässig? Kann ich mich fallen lassen? Ist Nähe sicher oder gefährlich? Diese Fragen werden beantwortet, bevor wir überhaupt richtig sprechen können – durch tausende kleine Interaktionen mit Mama und Papa.

Studien zeigen etwas richtig Spannendes: Wenn Eltern selbst in ihrer Partnerschaft unglücklich sind oder ständig streiten, färbt das massiv auf die Kinder ab. Dieser Stress schwappt über in die Erziehung – gestresste, unzufriedene Eltern haben weniger Geduld, sind emotional weniger verfügbar und zeigen negativeres Verhalten gegenüber ihren Kindern. Das Resultat? Die Kinder entwickeln häufiger Verhaltensauffälligkeiten und emotionale Probleme. Kinder, die in Familien mit viel Streit und Konflikt aufwachsen, zeigen später deutlich häufiger Probleme – sowohl nach außen gerichtet wie Aggressivität, als auch nach innen gerichtet wie Ängstlichkeit und Rückzug.

Die fünf Verhaltensweisen, die Beziehungen im Erwachsenenalter sabotieren können

Basierend auf der aktuellen Forschung lassen sich fünf zentrale Muster identifizieren, die besonders stark mit späteren Beziehungsproblemen zusammenhängen. Wichtig vorab: Es geht hier um wiederholte Verhaltensmuster, nicht um den einen schlechten Tag, den jeder Elternteil mal hat. Niemand ist perfekt, und das muss auch niemand sein. Aber wenn bestimmte Verhaltensweisen zum Standard werden, kann das langfristige Folgen haben.

Emotionale Unberechenbarkeit – Das Gefühls-Roulette

Du bist sechs Jahre alt und weißt morgens beim Aufwachen nie, welche Version deiner Mutter dich heute erwartet. Manchmal ist sie liebevoll und aufmerksam, manchmal gereizt und abweisend – und du verstehst nicht, warum. Du hast nichts anders gemacht, aber plötzlich ist alles falsch, was du tust. Am nächsten Tag ist wieder alles gut. Dieses emotionale Roulette ist Gift für ein sich entwickelndes Nervensystem.

Oft entsteht dieses Muster, wenn die Eltern selbst in ihrer Partnerschaft kämpfen. Unzufriedene Eltern tragen ihren Beziehungsstress direkt in die Interaktion mit den Kindern. Die emotionale Verfügbarkeit schwankt je nachdem, wie der letzte Streit mit dem Partner verlaufen ist oder wie stark der Druck in der Beziehung gerade ist.

Was lernt das Kind daraus? Dass Menschen unzuverlässig sind. Dass man nie sicher sein kann, was man bekommt. Dass man ständig auf der Hut sein muss. In der Bindungsforschung nennt man das Ergebnis einen ängstlich-ambivalenten Bindungsstil: Diese Menschen sehnen sich als Erwachsene nach Nähe, haben aber gleichzeitig panische Angst davor, verlassen zu werden.

Das sieht dann so aus: Sie interpretieren jede kleine Geste des Partners. Eine nicht sofort beantwortete Nachricht wird zum Drama. Sie brauchen ständige Bestätigung, dass alles okay ist. „Liebst du mich noch?“ wird zur täglichen Frage. Und genau dieses Verhalten macht die Beziehung oft erst richtig anstrengend – eine selbsterfüllende Prophezeiung.

Vernachlässigung emotionaler Bedürfnisse – Die Unsichtbarkeit der Gefühle

Manche Eltern kümmern sich hervorragend um die praktischen Dinge: Es gibt Essen, saubere Kleidung, Spielzeug. Von außen sieht alles perfekt aus. Aber emotional? Fehlanzeige. Wenn das Kind weint, wird es ignoriert oder mit „Stell dich nicht so an“ abgebürstet. Wenn es sich freut und etwas erzählen will, hört niemand zu. Die emotionale Welt des Kindes existiert für die Eltern praktisch nicht.

Diese Form der Vernachlässigung ist tückisch, weil sie unsichtbar ist. Das Kind wirkt vielleicht sogar besonders selbstständig und pflegeleicht. Aber innerlich zieht es eine verheerende Schlussfolgerung: Meine Gefühle sind unwichtig. Niemand interessiert sich dafür, was in mir vorgeht. Ich kann mich auf niemanden verlassen.

Die Forschung zu Familien mit verhaltensauffälligen Kindern zeigt: Genau diese Art der emotionalen Vernachlässigung führt häufig zu dem, was Psychologen einen vermeidenden Bindungsstil nennen. Als Erwachsene haben diese Menschen gelernt, ihre Bedürfnisse herunterzuschlucken und emotionale Nähe als nutzlos oder sogar gefährlich zu betrachten.

In Beziehungen sieht das dann so aus: Sie wirken distanziert, übermäßig unabhängig, manchmal kalt. Wenn der Partner Nähe sucht, ziehen sie sich zurück. Über Gefühle sprechen? Bloß nicht. Das klingt vielleicht nach Stärke, ist aber oft eine Schutzstrategie: Wenn ich niemanden an mich heranlasse, kann mich auch niemand enttäuschen. Problem dabei: Echte Intimität wird so unmöglich.

Übermäßige Kontrolle und Dominanz – Das Korsett der Erwartungen

Einige Eltern haben eine glasklare Vorstellung davon, wie ihr Kind zu sein hat – und akzeptieren keine Abweichungen. Jede Entscheidung wird für das Kind getroffen, jeder Widerspruch niedergebügelt, jede eigene Meinung als Ungehorsam interpretiert. Druck, Strafen, Liebesentzug – alles Mittel zum Zweck.

Studien zu Erziehungsstilen beschreiben dieses Muster als autoritären Erziehungsstil: hohe Kontrolle bei gleichzeitig wenig Wärme. Große Meta-Analysen zeigen, dass Kinder, die so erzogen werden, später häufiger psychosoziale Probleme entwickeln – sowohl nach innen wie nach außen gerichtete Verhaltensauffälligkeiten.

Das Kind lernt: Ich bin nur wertvoll, wenn ich die Erwartungen erfülle. Meine eigenen Wünsche und Bedürfnisse sind falsch. Meine Aufgabe ist es, zu funktionieren.

Im Erwachsenenalter spaltet sich das oft in zwei Extreme: Entweder die Person kann in Beziehungen keine Grenzen setzen, ordnet sich ständig unter und verliert sich komplett im Partner. Oder sie schwenkt ins andere Extrem und wird selbst kontrollierend und dominant, weil sie gelernt hat, dass Beziehungen ein Machtkampf sind, bei dem nur einer gewinnen kann.

Beide Varianten machen gesunde, gleichberechtigte Partnerschaften extrem schwierig. Kompromisse fühlen sich wie Niederlagen an. Konflikte werden entweder komplett vermieden oder zu richtigen Schlachtfeldern.

Emotionale Instrumentalisierung – Wenn Kinder zu Mini-Partnern werden

Das hier ist besonders subtil und wird oft nicht mal als problematisch erkannt: Wenn ein Elternteil das Kind zum emotionalen Ersatzpartner macht. Das passiert häufig in unglücklichen Ehen oder nach Trennungen. Plötzlich muss das Kind die Lücke füllen, die der Partner hinterlassen hat.

Das Kind wird zum Vertrauten, zum Tröster, zur emotionalen Stütze des Erwachsenen. „Du bist der einzige Mensch, der mich versteht“, sagt die Mutter zum achtjährigen Sohn. Oder der Vater teilt seine Eheprobleme mit der zehnjährigen Tochter und macht sie zur Schiedsrichterin. In der Fachsprache nennt man das Parentifizierung – das Kind übernimmt Elternfunktionen.

Forschungsarbeiten zeigen klar: Diese Rollenumkehr ist mit erhöhtem Risiko für emotionale Belastungen, Schuldgefühle und späteren Beziehungsstress verbunden. Das Kind lernt: Meine Aufgabe ist es, für die Bedürfnisse anderer zu sorgen, nicht für meine eigenen. Ich bin verantwortlich für die Gefühle meiner Bezugspersonen.

Als Erwachsene landen diese Menschen oft in co-abhängigen Beziehungen. Sie suchen sich Partner, die gerettet werden müssen. Sie opfern sich auf, können nicht Nein sagen und fühlen sich paradoxerweise nur dann wertvoll, wenn sie gebraucht werden. Gleichzeitig haben sie panische Angst davor, selbst Bedürfnisse zu äußern oder Hilfe zu brauchen.

Intimität wird zur Einbahnstraße: Immer geben, nie nehmen. Das funktioniert nicht lange, bevor man ausbrennt oder der Partner sich eingeengt fühlt.

Toxische Kommunikation – Wenn Worte zu Waffen werden

Die Art, wie in einer Familie kommuniziert wird, prägt massiv, wie wir später in Beziehungen kommunizieren. Wenn ein Kind regelmäßig angeschrien wird, mit Drohungen eingeschüchtert, negativ mit Geschwistern verglichen oder emotional erpresst wird, lernt es eine destruktive Form der Interaktion.

Sätze wie „Du bist genau wie dein nutzloser Vater“, „Wenn du nicht brav bist, hab ich dich nicht mehr lieb“ oder „Dein Bruder kann das viel besser als du“ hinterlassen tiefe emotionale Narben. Sie vermitteln: Du bist nicht gut genug. Du bist eine Enttäuschung. Liebe muss man sich verdienen.

Studien zu verbaler Misshandlung und abwertender Kommunikation in Familien zeigen: Kinder, die ständig Kritik, Abwertung und emotionaler Aggression ausgesetzt sind, entwickeln ein beschädigtes Selbstwertgefühl und haben massive Schwierigkeiten, gesunde Kommunikationsmuster zu erlernen.

Als Erwachsene kennen diese Menschen oft nur zwei Modi in Konflikten: Angriff oder totaler Rückzug. Entweder sie werden selbst laut, kritisch und verletzend – weil sie es nicht anders gelernt haben. Oder sie ziehen sich komplett zurück, mauern, können nicht über Probleme sprechen, weil Konflikte in ihrer Erfahrung immer mit Schmerz und Abwertung verbunden waren.

Beide Reaktionen vergiften Beziehungen systematisch. Konstruktive Konfliktlösung, bei der beide Seiten gehört werden und gemeinsam nach Lösungen suchen? Das wurde einfach nie gelernt.

Der Teufelskreis – Wie sich Muster vererben

Das wirklich Tragische an diesen Mustern ist ihre Tendenz, sich fortzupflanzen. Menschen, die emotional vernachlässigt wurden, haben oft selbst Schwierigkeiten, emotional verfügbare Eltern zu sein – nicht weil sie böse sind, sondern weil sie selbst nie gelernt haben, wie das geht. Wer nur kontrollierende Erziehung erlebt hat, tendiert entweder zur gleichen Kontrolle oder schwenkt ins andere Extrem.

Die Forschung zu intergenerationaler Transmission von Bindungsmustern zeigt: Was wir in unserer Herkunftsfamilie erleben, geben wir oft unbewusst weiter – es sei denn, wir werden uns dessen bewusst und arbeiten aktiv daran, den Kreislauf zu durchbrechen.

Die gute Nachricht – Nichts ist in Stein gemeißelt

Jetzt kommt der Teil, der Hoffnung macht: Unsere Kindheitserfahrungen prägen uns, aber sie definieren uns nicht für immer. Die menschliche Psyche ist erstaunlich anpassungsfähig, selbst im Erwachsenenalter.

Der erste Schritt ist immer das Bewusstsein. Wenn du dich in einem oder mehreren dieser Muster wiedererkennst – sei es in deiner eigenen Kindheit oder in deinem aktuellen Beziehungsverhalten – ist das keine Katastrophe, sondern eine Chance. Du kannst beginnen, deine automatischen Reaktionen zu hinterfragen: Warum ziehe ich mich zurück, wenn mein Partner Nähe sucht? Warum brauche ich ständige Bestätigung? Warum werde ich in Konflikten so schnell laut?

Psychotherapie kann enorm hilfreich sein. In einem sicheren therapeutischen Rahmen kann man lernen, neue Beziehungserfahrungen zu machen und alte Wunden zu heilen. Paartherapie kann helfen, destruktive Muster in der aktuellen Beziehung zu erkennen und zu verändern.

Aber auch ohne Therapie gibt es Möglichkeiten: Sich mit dem Partner offen über die eigene Geschichte austauschen. Bewusst neue Verhaltensweisen einüben. Der Schlüssel liegt darin, die Automatismen zu unterbrechen und neue neuronale Bahnen zu schaffen.

Für die Eltern von heute – Was wir besser machen können

Wenn du selbst Eltern bist oder es werden möchtest, lass dich von diesem Artikel nicht einschüchtern. Perfekte Eltern gibt es nicht, und das ist auch gar nicht nötig. Die Forschung zeigt: Kinder brauchen keine perfekten Eltern, sie brauchen ausreichend gute Eltern, die emotional verfügbar sind, Fehler zugeben können und bereit sind zu reparieren, wenn etwas schiefgeht.

Ein paar Grundprinzipien können helfen:

  • Arbeite an deiner eigenen Beziehung und mentalen Gesundheit – zufriedene Eltern sind bessere Eltern
  • Nimm die Gefühle deines Kindes ernst, auch wenn sie dir unbedeutend erscheinen
  • Gib deinem Kind altersgerechte Autonomie und respektiere seine wachsende Persönlichkeit
  • Kommuniziere respektvoll, auch in Konflikten
  • Sei kein Superheld, sondern ein Mensch – Kinder müssen lernen, dass auch Bezugspersonen Fehler machen und sich entschuldigen können

Unsere Kindheit prägt uns tiefgreifend. Die Art, wie unsere Eltern mit uns umgegangen sind, hat unser inneres Modell von Beziehungen geformt. Emotionale Unberechenbarkeit, Vernachlässigung, übermäßige Kontrolle, emotionale Instrumentalisierung und toxische Kommunikation sind fünf Muster, die in der Forschung immer wieder mit späteren Beziehungsproblemen in Verbindung gebracht werden.

Aber hier ist die befreiende Wahrheit: Erkenntnis ist der erste Schritt zur Veränderung. Wenn wir verstehen, woher unsere Beziehungsmuster kommen, können wir bewusste Entscheidungen treffen, sie zu verändern. Wir sind nicht dazu verdammt, die Fehler unserer Eltern zu wiederholen oder für immer in denselben destruktiven Mustern gefangen zu sein.

Die Forschung gibt uns Werkzeuge an die Hand, um zu heilen und zu wachsen. Ob durch Therapie, bewusste Selbstreflexion oder das Schaffen neuer Beziehungserfahrungen – Veränderung ist möglich. Und für die nächste Generation können wir es besser machen, nicht perfekt, aber bewusster und liebevoller. Denn am Ende geht es genau darum: Um Liebe, die nicht an Bedingungen geknüpft ist, um Beziehungen, die auf Vertrauen statt auf Angst basieren, und um die Freiheit, authentisch zu sein und geliebt zu werden – nicht trotz unserer Unvollkommenheit, sondern mit ihr.

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