Erdnüsse gehören zu den beliebtesten Snacks in Deutschland – ob geröstet, gesalzen oder als Zutat in verschiedenen Gerichten. Deutschland importierte im Jahr 2024 nach vorläufigen Angaben rund 117.087 Tonnen geschälte oder geschrotete Erdnüsse, was den hohen Stellenwert dieses Lebensmittels unterstreicht. Doch während der Preis im Discounter verlockend niedrig erscheint, bleibt die wichtigste Information oft im Verborgenen: Woher stammen diese Erdnüsse eigentlich? Die Angaben auf der Verpackung sind häufig so vage formuliert, dass Verbraucher keine Chance haben, die tatsächliche Herkunft zu erkennen. Diese Intransparenz ist kein Zufall, sondern Teil einer Strategie, die Qualitätsunterschiede bewusst verschleiert.
Warum die Herkunft bei Erdnüssen entscheidend ist
Die geografische Herkunft von Erdnüssen hat direkten Einfluss auf Geschmack, Nährstoffgehalt und Belastung mit Schadstoffen. Erdnüsse aus unterschiedlichen Anbaugebieten weisen erhebliche Qualitätsunterschiede auf. Faktoren wie Bodenbeschaffenheit, Klima, Anbaupraktiken und vor allem die Kontrolle von Aflatoxinen – hochgiftigen Schimmelpilzgiften – variieren je nach Herkunftsland drastisch.
Während in der Europäischen Union strenge Grenzwerte für Aflatoxine gelten, sind die Standards in vielen Erzeugerländern deutlich lockerer. Studien zeigen immer wieder, dass Erdnüsse aus bestimmten Regionen häufiger mit diesen krebserregenden Substanzen belastet sind. Doch genau diese Information bleibt Verbrauchern beim Einkauf meist vorenthalten.
Die rechtlichen Schlupflöcher bei der Herkunftskennzeichnung
Auf den ersten Blick scheint die Kennzeichnungspflicht eindeutig: Bei verpackten Lebensmitteln muss das Ursprungsland angegeben werden. Doch die Realität sieht anders aus. Bei verarbeiteten Erdnüssen – also gerösteten, gesalzenen oder gewürzten Produkten – reicht häufig die Angabe des Verarbeitungslandes. Werden chinesische Erdnüsse in Deutschland geröstet und verpackt, steht auf der Packung oft nur „hergestellt in Deutschland“ oder „verarbeitet in der EU“.
Diese Formulierungen sind rechtlich zulässig, verschleiern aber die tatsächliche Herkunft der Rohware. Besonders problematisch wird es bei Mischungen aus verschiedenen Ursprungsländern. Hier findet sich dann die nichtssagende Angabe „Erdnüsse aus verschiedenen Ursprungsländern“ oder schlicht „Nicht-EU“. Hinter solchen Angaben können sich Erdnüsse aus Dutzenden verschiedenen Ländern mit völlig unterschiedlichen Produktionsstandards verbergen. Ein weiteres Problem stellen sogenannte Sammelimporte dar. Großhändler kaufen Erdnüsse aus verschiedenen Ländern zu unterschiedlichen Preisen und mischen diese je nach Verfügbarkeit und Kosten. Diese Praxis ermöglicht es, Preise niedrig zu halten, macht aber eine transparente Herkunftskennzeichnung praktisch unmöglich.
Qualitätsunterschiede, die man kennen sollte
Die Unterschiede zwischen Erdnüssen verschiedener Herkunft sind erheblich. Die weltweiten Hauptexporteure waren 2021 die USA, Myanmar, Benin, Malawi und China, die zusammen 78,1 Prozent des weltweiten Exports an Erdnüssen mit Schale ausmachten. Aktuellere Daten zeigen allerdings eine Verschiebung der Marktanteile, wobei Argentinien, Indien, die Vereinigten Staaten und China zu den weltweit größten Exporteuren zählen.
Argentinische Erdnüsse haben einen ausgezeichneten Ruf und sind derzeit die wichtigsten Lieferanten für Europa. Im Zeitraum Januar bis Mai 2025 steigerte Argentinien seine Lieferungen in die EU um 64,9 Prozent auf 178.518 Tonnen und ist damit mit großem Abstand der wichtigste Lieferant. Das trockene Klima in den argentinischen Hauptanbaugebieten reduziert das Risiko von Schimmelpilzbefall auf natürliche Weise. Die Kerne sind oft süßlicher im Geschmack und weisen eine feste Konsistenz auf.
Erdnüsse aus den USA, insbesondere aus Virginia und Georgia, galten lange als besonders hochwertig. Virginia ist eine etablierte Anbauregion, und die dortigen Erdnüsse zeichnen sich durch größere Kerne, einen intensiveren Geschmack und strenge Qualitätskontrollen aus. Allerdings zeigen aktuelle Handelsstatistiken, dass die USA in den neuesten Importstatistiken der EU nicht mehr unter den Top-Lieferanten rangieren. Im Zeitraum Januar bis Mai 2025 lieferten die USA nur 22.037 Tonnen in die EU – ein Rückgang von fast 60 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum.
Erdnüsse aus asiatischen Ländern, die einen großen Teil des weltweiten Exports ausmachen, unterliegen hingegen oft weniger strengen Kontrollen. China lieferte im gleichen Zeitraum 31.252 Tonnen in die EU. Das feuchtere Klima in manchen Anbaugebieten begünstigt Schimmelbildung, und die Sortierung ist nicht immer so rigoros. Dies bedeutet nicht, dass alle Erdnüsse aus diesen Regionen minderwertig sind, aber das Risiko für Qualitätsschwankungen ist höher.

Wie Discountpreise die Transparenz untergraben
Der aggressive Preiswettbewerb im Lebensmitteleinzelhandel führt dazu, dass Händler ständig nach den günstigsten Bezugsquellen suchen. Bei Erdnüssen schwanken die Weltmarktpreise erheblich – je nach Ernte, Nachfrage und Herkunft. Ein Discounter, der Erdnüsse zum Kampfpreis anbietet, wird kaum die teureren Premium-Erdnüsse aus etablierten Anbaugebieten verwenden.
Stattdessen wird auf die jeweils günstigste verfügbare Ware zurückgegriffen. Die vagen Herkunftsangaben ermöglichen es, flexibel zwischen verschiedenen Lieferanten zu wechseln, ohne die Verpackung ändern zu müssen. Der Verbraucher sieht nur den attraktiven Preis, nicht aber die Kompromisse bei Herkunft und möglicherweise auch bei der Qualität.
Worauf man beim Kauf achten kann
Trotz der schwierigen Informationslage gibt es Möglichkeiten, bewusstere Kaufentscheidungen zu treffen. Achtet auf konkrete Länderangaben statt vager Formulierungen. Wenn explizit „Erdnüsse aus Argentinien“ oder „Argentinische Erdnüsse“ auf der Verpackung steht, ist dies ein Indiz dafür, dass der Hersteller die Herkunft als Qualitätsmerkmal betrachtet. Argentinien exportierte 2021 insgesamt 634.080 Tonnen Erdnüsse und belegt damit Platz eins unter den Exporteuren.
Der Preis kann ein Hinweis sein, auch wenn er kein absoluter Garant ist. Extrem günstige Erdnüsse – deutlich unter dem Durchschnitt – stammen mit hoher Wahrscheinlichkeit aus den kostengünstigsten Bezugsquellen. Das muss nicht automatisch schlecht sein, aber die Wahrscheinlichkeit für Qualitätsunterschiede steigt. Bio-Zertifizierungen und Qualitätssiegel können zusätzliche Sicherheit bieten. Bio-Erdnüsse unterliegen strengeren Kontrollen bezüglich Anbaumethoden und Schadstoffbelastung. Auch wenn die Herkunft nicht immer präziser angegeben wird, sind die Produktionsstandards transparenter.
Schaut nicht nur auf die Vorderseite der Verpackung, sondern lest das Kleingedruckte. Manchmal finden sich zusätzliche Informationen bei den Kontaktdaten des Importeurs oder Herstellers. Auch die Chargennummer kann Hinweise geben, auch wenn deren Entschlüsselung für Laien schwierig ist.
Die gesundheitliche Dimension
Die Verschleierung der Herkunft ist nicht nur eine Frage der Transparenz, sondern kann auch gesundheitliche Relevanz haben. Aflatoxine gelten als stark krebserregend, insbesondere das Aflatoxin B1, das die Leber schädigt. Auch wenn Stichprobenkontrollen regelmäßig durchgeführt werden, ist nicht jede Charge garantiert frei von Belastungen.
Menschen mit Allergien oder Unverträglichkeiten sollten ebenfalls vorsichtig sein. Die Anbaumethoden und mögliche Kreuzbelastungen mit anderen Allergenen können je nach Herkunftsland variieren. Ohne klare Angaben wird eine fundierte Risikoabschätzung unmöglich. Interessanterweise sind Erdnüsse botanisch gesehen keine echten Nüsse, sondern gehören zur Familie der Hülsenfrüchtler. Der englische Trivialname „peanut“ – also Erbsennuss – verweist auf diese tatsächliche botanische Zugehörigkeit.
Die lange Geschichte der Erdnuss
Ursprünglich kommt die Erdnusspflanze aus Südamerika. In Peru wird sie bereits seit über 7800 Jahren angebaut. Auch in Brasilien war die Erdnuss bereits vor 2000 Jahren im Anbau und wurde von dort im Zuge des Sklavenhandels nach Afrika gebracht. Diese lange Kultivierungsgeschichte zeigt, wie bedeutsam die Erdnuss für die menschliche Ernährung ist – und macht die heutige Intransparenz bei der Herkunftskennzeichnung umso bedauerlicher.
Was sich ändern müsste
Verbraucherschützer fordern seit Jahren eine strengere Herkunftskennzeichnung, die nicht durch Verarbeitungsschritte ausgehebelt werden kann. Die Angabe des Ursprungslandes der Rohware sollte verpflichtend sein, unabhängig davon, wo die Verarbeitung stattfindet. Bei Mischungen sollten die Hauptherkunftsländer mit Prozentangaben aufgeführt werden müssen.
Solange solche Regelungen fehlen, bleibt Verbrauchern nur die Möglichkeit, durch bewusste Kaufentscheidungen und kritisches Nachfragen Druck auf Handel und Hersteller auszuüben. Wer transparent kennzeichnet, sollte belohnt werden. Wer hinter vagen Angaben verschanzt bleibt, verdient Skepsis. Die nächste Packung Erdnüsse im Einkaufswagen verdient mehr als einen flüchtigen Blick auf den Preis. Die Herkunft mag verschleiert sein, aber mit geschärfter Aufmerksamkeit lassen sich zumindest einige Anhaltspunkte finden, die eine informiertere Entscheidung ermöglichen. Denn am Ende haben Verbraucher das Recht zu wissen, was sie kaufen – und woher es kommt.
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